Ihr Lieben, in Deutschland leben rund 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenz. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Betroffenen voraussichtlich auf 2,8 Millionen steigen. Hinter jedem Betroffenen steht ein Schicksal, ein Leben, eine Geschichte – und oft auf Angehörige, für die diese Diagnose ein Schock ist. Svenja hat ihre demenzkranke Mama gepflegt und erzählt davon:
Liebe Svenja, deine Mama hatte Demenz. Wann ist dir das erste Mal aufgefallen, dass sie sich verändert?
Das war bereits 18 Jahre, bevor sie gestorben ist. Plötzlich fing sie an, Tage und Daten zu verwechseln, was sehr untypisch für sie war. Da habe ich mich angefangen zu wundern. Als sie schließlich starb, war sie 83 Jahre alt – die Demenz begann also relativ früh.
Hat sie selbst auch gemerkt, dass sich etwas verändert und wie hat sie darauf reagiert?
Am Anfang hat sie es nicht bemerkt oder sie hat es bemerkt und nicht artikuliert. Später, als wir die Diagnose Demenz hatten, gab es immer wieder klare Momente – und in diesen stellte sie immer dieselbe Frage: „Was ist denn nur mit meinem Kopf los?“ Daran kann man sehen, dass sie sehr wohl teilweise gemerkt hat, dass etwas nicht stimmt.
Wie schnell hattet ihr die Diagnose und was hat diese Diagnose mit euch gemacht?
Tatsächlich hatten wir die Diagnose sehr schnell. Meine Mutter war eine Geschäftsfrau mit Superhirn, mir sind die Veränderungen also früh aufgefallen. Wir sind dann zum Neurologen und der hat schnell Demenz diagnostiziert.
Als wir die Diagnose hatten, war ich auch ein wenig erleichtert, weil ich wusste, dass ich mir das alles nicht nur einbilde und weil die Veränderungen nun einen Namen hatten. Aber natürlich brachte diese Diagnose auch die Gewissheit, dass das nicht mehr meine Mutter ist, wie ich sie kannte. Die Diagnose gab uns die Möglichkeit, die Veränderung zu akzeptieren und zu einem friedlichen „es ist jetzt so und wir machen das Beste daraus“ zu kommen.
Wann ist deine Mama gestorben?
Sie ist vor 4 Jahren verstorben. Ich habe sie 15 Jahre lang bei mir zu Hause gepflegt und betreut, bis zu ihrem Tod. Das war eine sehr intensive Zeit in alle Richtungen.
Was ist für dich das Schlimmste an der Krankheit Demenz?
Man sieht es nach außen nicht.
Wie ging es dir als Tochter mit der Krankheit deiner Mutter?
Zuerst waren da Sorgen, dann habe ich Verständnis für die Krankheit und meine Mutter entwickelt. Manchmal habe ich Angst, dass ich die Krankheit geerbt habe. Sehr besonders habe ich die Akzeptanz erlebt, Dinge anzunehmen, die wir nicht ändern können und den Menschen mit Demenz liebevoll zu sehen.
Gab es auch Situationen, die dich tief traurig gemacht haben?
Ja natürlich. Mein Mann ist in der Zeit gestorben und ich stand mit allem alleine da. Meine Mutter hing sehr an meinem Mann und fragte mich fast täglich nach seinem Tod, wo er denn sei. Ich habe ihr gesagt, er sei auf Dienstreise, weil ich ihn nicht jeden Tag neu für sie sterben lassen wollte. Diesen Schmerz wollte ich ihr einfach ersparen.
Und natürlich ist es einfach sehr schwer zu sehen, dass der Mensch, der dich geboren und ohne Vorbehalte geliebt hat, einfach so verschwindet – und damit auch deine Kindheit und all eure gemeinsamen Erinnerungen.
Was mochtest du früher ganz besonders an deiner Mutter? Wie würdest du euer Verhältnis früher beschreiben?
Alles, sie war ein liebevolle Grand Dame, voller Würde und Werten. Keine meiner Fragen waren ihr je zu viel. Ich durfte werden, was ich bin.
1 comment
Liebe Swenja,
Deine Antworten haben mich tief berührt, sie sind so voller Liebe und Respekt dem Leben und deiner verstorbenen Mutter gegenüber. Du bist eine starke Frau und das beste Kind, dass du für deine Mutter sein konntest. Einfach bewundernswert !
Alles Liebe für dich !